Biografie
Olga Wisinger-Florian, die wichtigste Vertreterin des österreichischen Stimmungs-impressionismus, wird am 1.November 1844 in eine gutbürgerliche Wiener Familie geboren. Sie wird bei Julius Epstein, dem Lehrer Gustav Mahlers, am Wiener Konservatorium im Klavierspiel ausgebildet und tritt als Solopianistin in Konzerten auf. 1873 muss sie diese Karriere aufgrund eines Handleidens beenden. Sie heiratet kurz darauf den Apotheker Franz Wisinger; 1875 wird ihr Sohn Oskar geboren.
Erst jetzt wendet sich Wisinger-Florian der Malerei zu: sie erhält Unterricht bei Melchor Fritsch und August Schaeffer. Von 1880 – 1884 ist sie die erste Privatschülerin Emil Jakob Schindlers. Sie unternimmt mit ihm und seinen anderen Schülern Carl Moll, Marie Egner und Tina Blau-Lang zahlreiche Studienreisen; sie alle werden in der Umgebung von Schloss Plankenberg malen.
Ab 1881 sind die Gemälde Wisinger-Florians regelmäßig auf den Jahresausstellungen des Künstlerhauses, bald auch in der Sezession zu sehen. Das frühe Schaffen der Künstlerin steht ganz unter dem Einfluß Schindlers: Licht und Stimmung, wie auch die Wahl der Motive (Alleen, Gärten, Felder) zeigen starke Ähnlichkeiten mit Werken des Lehrers.
Nach dem Bruch mit Schindler 1884 entwickelt Wisinger-Florian einen zunehmend eigenständigeren Stil und verwendet intensivere Farben: sie wandelt sich von einer realistischen Landschaftsmalerin zur Expressionistin und ist mit ihren dynamischen Landschafts- und Blumenbildern ihrer Zeit weit voraus. „OWF“ nimmt an internationalen Ausstellungen in München, Berlin Prag und London wie auch an den Weltausstellungen in Paris und Chicago teil. Bald unterrichtet sie auch selbst.
Olga Wisinger-Florian ist damals eine der bedeutensten Malerinnen der Jahrhundertwende. Die Künstlerin bemüht sich Zeit ihres Lebens um die besten gesellschaftlichen Kontakte: so besuchen etwa Erzherzogin Clothilde, der Prinzregent Luitpold von Bayern und der König von Bulgarien zu den Besuchern ihres Ateliers. Auch der Käuferkreis ihrer Werke besteht aus hochgestellten Persönlichkeiten: so ersteht etwa Kaiser Franz Joseph I. eines ihrer Bilder.
Wisinger-Florian erhält zahlreiche Auszeichnungen für ihr Werk, so etwa 1888 die „Mention honorable“ in Paris oder die kleine goldene Staatsmedaille in Wien 1897. Werke von ihr sind schon zu Lebzeiten in zahlreichen öffentlichen Einrichtungen, so etwa in der Neuen Pinakothek in München, dem Prager Nationalmuseum, sowie in zahlreichen Museen in Wien, zu sehen.
Die Malerin engagiert sich an der Seite von Bertha von Suttner für die Friedensbewegung. Ebenso stark setzt sich „OWF“ für die Rechte der Frauen ein: 17 Jahre lang ist sie Präsidentin der Schriftstellerinnen- und Künstlerinnenvereinigung, der u.a. auch Marie von Ebner-Eschenbach angehört. Gemeinsam mit Marie Egner und anderen Künstlerinnen gründet Wisinger-Florian die Gruppe „Acht Künstlerinnen“, mit denen sie ab 1901 im Salon Pisko ausstellt.
Ab 1910 zieht sie sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück, ihr Augenlicht schwindet. Am 27. Februar 1926 stirbt sie in Grafenegg, Niederösterreich. Sie erhält ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof.